Freitag, 11. Oktober 2013

gaspreis

Das Jahr 1990 war ein spannendes und schlimmes Jahr für mich als Kind, unter anderem deswegen, weil damals im Spätsommer in der so genannten »Aktion Lindwurm« über 100 000 Giftgasgranaten aus einem Depot bei Clausen, 40 Kilometer Luftlinie von meinem Elternhaus entfernt, unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen zur Vernichtung abtransportiert wurden. Ungefähr um dieselbe Zeit begann die großangelegte Munitionsräumung auf dem Gebiet der ehemaligen Giftgasfabrik Espagit bei Hallschlag in der Vulkaneifel, die zwanzig Jahre dauern sollte. Dass gleich an zwei Orten meines Heimatlandes die Einwohnerschaft darauf vorbereitet sein musste, bei Sirenenalarm Gasschutzhauben anzuziehen, prägte sich mir tief ein, und die Berichte auf Südwest 3 habe ich 23 Jahre später immer noch vor Augen. Der erste Golfkrieg lag gerade zwei Jahre zurück, der Imhausen-Prozess lief, Saddam Husseins, Muammar al-Gaddafis und sonstige Gasarsenale waren tägliches Pressethema.
Seit ich zum ersten Mal davon gehört habe, dass die Vernichtung nahezu aller größeren C-Waffen-Bestände der Welt nicht nur beschlossen wurde, sondern tatsächlich auch seit Jahren effektiv umgesetzt wird, erzähle ich gerne anderen Leuten davon. Kaum jemand weiß das nämlich. Das wird sich mit der heutigen Vergabe des Friedensnobelpreises für die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) sicher ändern. Und das ist gut. Denn dass sich irgendwann keine Achtjährigen mehr im tiefsten Frieden davor fürchten müssen, dass man lastwagenweise Kampfstoffe durch ihr Dorf fährt, ist nur die kleinste und unwichtigste Facette dieses größten Abrüstungsprogramms der Menschheitsgeschichte.

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